Die Frauen.Gespräche zum Internationalen Tag der Frau am Mittwochabend, 8. März 2023 im Raiffeisenforum Bruneck befassten sich, passend zum Wahljahr, mit Frauen und Politik – Politik und Frauen.
Entgegen der allgemein kolportierten Politikverdrossenheit war der Saal vollbesetzt; dem Anlass gemäß waren es vorwiegend Frauen, aber auch einige Männer, die großes Interesse für das Thema zeigten. Mit Bürgermeister Roland Griessmair war es dann auch ein Mann, der in die Thematik einführte: „Demokratie braucht Frauen und Männer. Die derzeit nur 25 % Frauen in Südtirols Gemeinderäten und 10 % Bürgermeisterinnen sollen uns allen, Wählerinnen und Wählern Auftrag sein und Anlass, um zu motivieren und zu sensibilisieren“, so Griessmair.
Über Zahlen, Entwicklungen und Trends informierte Melanie Gross, deren Forschungsschwerpunkt an der Eurac Frauen und Politik ist und die sich im Rahmen ihrer Studien mit dem „mühevollen Weg der Frauen ins Rathaus“ befasst hat. Seitdem 1948 die erste Frau in einem Südtiroler Gemeinderat vertreten war, habe sich zwar einiges getan, trotzdem gibt es noch Luft nach oben, vor allem auch bei der Bereitschaft der Frauen, zu kandidieren. Gross sieht bereits in den Schulen Handlungsbedarf, denn gerade dort können Rollenbilder neu gezeichnet werden.
In dieselbe Kerbe schlug die Kammerabgeordnete Renate Gebhard, die vor allem auch die südtirolspezifischen Rollenbilder dafür verantwortlich machte, dass Frauen in der Politik noch immer unterrepräsentiert seien, aber auch die Tatsache, dass Politik immer auch Macht bedeutet und „Männer die Macht nicht gerne teilen“.
Mara Mantinger, Pressereferentin am Statistischen Landesamt in Stuttgart und Forschende im Bereich Chancengleichheit bestätigte, dass die Verhältnisse in Baden-Württemberg ähnlich seien. Auch sie sieht das von klein auf gelebte Rollenbild als einen wesentlichen Faktor für die mangelnde weibliche Präsenz in der Politik. Genauso wie bestimmte Berufe eindeutig den Männern zugeordnet werden, ist auch Politik in vielen Köpfen noch Männersache.
Verena Überegger, Bürgermeisterin von Freienfeld, brachte ihre Begeisterung für die Politik zum Ausdruck. Die Politik sei eine Möglichkeit, Projekte voranzutreiben und zum Abschluss zu bringen und gerade in diesem Bereich seien die Kernkompetenzen der Frauen, wie Organisationstalent und Flexibilität enorm wertvoll. Überegger sprach auch von der großen Solidarität zwischen den Bürgermeisterinnen des Landes, aber auch über die gute Zusammenarbeit mit ihren männlichen Kollegen. Als einen Hemmschuh für die Frauen in der Politik nannte Überegger die Haftung und große Verantwortung, die ein politisches Amt mit sich bringt.
Der einzige Mann in der Runde, Matteo Da Col, Präsident des Brunecker Vereins Diverkstatt meinte, es brauche einen Paradigmenwechsel. Für eine gleichberechtigte politische Teilhabe der Geschlechter brauche es die Männer genauso wie die Frauen, denn diese sei nicht nur eine Geschlechter-, sondern eine Werte- und Kompetenzfrage, so Da Col.
Die jüngste Teilnehmerin der Gesprächsrunde, die Maturantin Maddalena Truant, die sich mit einer Petition für die Wiedereröffnung des Innichner Schwimmbades einsetzte, bestätigte, dass auch Menschen ihres Alters durchaus an Politik interessiert seien. Allerdings mache sich aber auch eine gewisse Resignation breit, denn den jungen Menschen gehöre die Zukunft, die Prioritäten für deren Gestaltung setze aber die ältere Generation. Von der Politik wünsche sie sich, gehört zu werden und Antworten auf ihre Fragen zu bekommen, so Truant.
Abschließende Worte sprach Stadträtin Ursula Steinkasserer Goldwurm, die allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern dankte und das Anliegen äußerte, dass Frauen auch durch die geschlechtergerechte Sprache sichtbarer werden sollen: „Nur mitgedacht zu werden, ist zu wenig“, so Steinkasserer Goldwurm.
Die Frauen.Gespräche sind eine gemeinsame Veranstaltung von: Stadtgemeinde, Stadtbibliothek, Stadtentwicklung, Club Soroptimist Pustertal, Raiffeisenkasse Bruneck.
